„Welche Legenden würde man sich wohl von dem glorreichen Tag erzählen, an dem wir mit unseren Brüdern jenseits der Sterne in Kontakt traten?“ – fragt ein Erzähler im Intro von „Destroy All Humans! Nun, ich persönlich bezweifle ja ernsthaft , dass besagte „Brüder jenseits der Sterne“ überhaupt ein Interesse haben könnten, mit uns in Kontakt zu treten. Vermutlich ziehen die dann doch eher vor, sich mit intelligenten Lebensformen zu treffen, wenn sie dafür schon Lichtjahre lang durchs All düsen mussten. Und vernichten müssen sie uns auch nicht – das erledigen wir ja gerade selber: Was Corona übrig lässt, wird vom Klimawandel den Rest bekommen. Aber irgendwo, weit da draußen, gibt es ein paar Aliens, die uns trotzdem besuchen kommen. Vor 15 Jahren – richtig gerechnet, das war 2005 – waren die Furonen mit ihrem Spiel „Destroy All Humans“ schon mal gelandet, da noch auf PS2 und der ersten Xbox. Jetzt gibt’s eine Neuauflage für die aktuellen Konsolen und für PC. Ob das etwas dünne, aber witzige Spielprinzip von damals auch heute noch zieht, verrate ich euch in diesem Test.
Audio/Podcast zum Gamecheck:
Vom Klonen und von fehlenden Genitalien
Die Furonen haben ein Problem. Eigentlich mehrere, aber das aktuelle heißt Crypto 136. Der hatte die Erde besucht und war mit seinem Raumschiff einem Raketenstart in die Quere gekommen. Konsequenz: Raumschiff abgestürzt, Crypto 136 in der Hand der Menschen.
Während sein Boss chefmäßig noch etwas unentschlossen ist, ist für Crypto 137 das weitere Vorgehen alternativlos: Es muss gehandelt werden und weniger nachgedacht. Sein – zugegebenermaßen recht einfach gestrickter – Plan: Rüber zur Erde und die Menschheit auslöschen. Der Chef ist schließlich einverstanden, könnte man damit doch auch gleich das zweite Problem lösen: Die Furonen können sich aufgrund der Verstrahlung in vielen zurückliegenden Atomkriegen nicht mehr fortpflanzen, da die Genitalien verkümmert sind.
Zwar konnten sie durch ständiges Klonen ihren Bestand sichern, aber das führte mit der Zeit dazu, dass jedes neue Exemplar immer dümmer wurde. Aber zum Glück gibt’s in den Weiten des Weltalls noch frische, unverfälschte Furonen DNS. Richtig: Auf der Erde. Wie die dorthin gekommen ist? Die Antwort liegt einige zigtausend Jahre zurück: Die Furonen waren auf dem Rückweg von der Auslöschung der Marsianer zufällig auf die Erde und dort auf „äußerst fortpflanzungswillige Bewohner“ gestoßen. Was die Besatzungen der Furonen-Raumschiffe dann auch weidlich ausnutzten.
Von Strängen und Kühen
Und diese dabei entstandenen Stränge gilt es nun beim Besuch von Crypto 137 „abzuernten“. Nach dessen Landung muss der aber erst einmal schauen, wer denn nun die dominante Spezies auf der Erde ist, die diese DNS-Stränge mit sich trägt. Ins Auge fallen zuerst die Kühe. Die sich aber durch ständiges Gemuhe und Absetzen von Kuhfladen aber aus dem Kreis der Titelanwärter schossen. Cryptos Einwand, die würden ja „nur aus Nippeln bestehen“, würde zwar auch auf einige Schlagersternchen und Moderatorinnen der bildungsfernen Privatsender zutreffen, ist außerdem nicht ganz von der Hand zu weisen. Auch die Kommunikation erweist sich dann auch als…nun ja… schwierig.
Dann aber gibt sich die Krone der Schöpfung in Form einer Lockengewickelten Farmerin zu erkennen. Ok, es ist eher ein sehr kleines Burger King-Papierkrönchen, um im Bild zu bleiben, aber damit sind die Kühe aus dem Schneider. Erst gibt sich der Alien noch einigermaßen freundlich („Wir würden Sie gerne entführen und untersuchen, was recht schmerzhaft sein wird – irgendwelche Einwände?“), aber als dann Polizei und Militär anrücken, wird alienseitig der große Besteckkasten ausgepackt.
Von Rednecks und witzigen Dialogen
Ihr seht schon: Die Story ist noch dieselbe wie vor 15 Jahren. Das ganze spielt in den USA in den 50er Jahren, wobei das Game dann auch kein Klischee auslässt und die Figuren und den Zeitgeist von früher herrlich überzeichnet. Da gibt’s den dumpfblöden Redneck, der heute vermutlich Trump wählen würde, oder das ehemalige Highschool-Dummchen und auch die damalige Kommunistenhetze darf nicht fehlen. Leider beschränkt sich das Destroy All Humans dann aber auch auf diese Handvoll Klischeetypen, etwas mehr Abwechslung wäre da schon schön gewesen.
Aber auch mit der überschaubaren Zahl an Darstellertypen gestaltet sich das Game doch recht unterhaltsam. Das liegt zum Teil an den durchaus witzigen Dialogen, aber eben auch am überdrehten Setting und den vielen kleinen Anspielungen – wie etwa auf „Back tot he Future“ (Raum-Zeit-Kontinuum) oder die Men in Black.
Von Zippern und Gedankenkontrolle
Spaß und Abwechslung versprechen auch das ziemlich irre Waffenarsenal unseres Crypto-Kollegen. Der hat nicht nur allerlei elektrisches Ballerwerk im Gepäck, sondern kann auch Gehirne extrahieren und auf allerlei auf übersinnliche Fähigkeiten zurückgreifen. Dazu kommen noch Sachen wie Gedankensteuerung, das Kopieren von Menschen und der Einsatz der Raumschiffbewaffnung.
Ja, da macht es tatsächlich Spaß, mit immer neuen Mitteln durch die sechs Locations von Kaliforniens Stränden über ländliche Jahrmärkte bis hin zur Hauptstadt Washington zu pflügen, Kühe auf Soldaten zu werfen, Hirne zu extrahieren, mal eben eine Versammlung aufrechter Patrioten zu verstromen oder das Weiße Haus zu zerlegen. Die Menschen sind da kein wirklich ernst zu nehmender Gegner.
Hin und wieder übertreibt es das Game dann aber doch und überschreitet den schmalen Grat zwischen Holzhammer-Humor und peinlich: Die Analsonde zum Beispiel war schon vor 15 Jahren nicht wirklich lustig.
Die Missionen haben einiges an Abwechslung in petto. Mal sind wir als Mensch getarnt eher leise unterwegs und dürfen nicht entdeckt werden, dann wieder geht’s mit Hurra und Dauerfeuer durch einen Vorort. Das wird so schnell nicht langweilig, auch wenn innovative Ansätze komplett fehlen.
Das ist neu
Was aber nun ist alles neu im Remake von Destroy All Humans? Nun, zuerst mal wurde es komplett neu mit der Unreal Engine 4 programmiert, sieht also natürlich ein ganzes Stück besser aus als damals, auch wenn die Animationen immer noch ziemlich steif wirken. Außerdem gibt es nun auch eine recht ordentliche deutsche Synchronisation, die im Original noch fehlte.
Neu sind auch die optionalen spielerischen Herausforderungen, die es nach dem Ende einer jeden Mission gibt, die meist unter Zeitdruck erledigt werden müssen. Die dadurch gewonnenen DNS tauschen wir gegen Waffenupgrades oder neue Crypto-Skills.
Fazit
Das Remake von Destroy All Humans ist grundsolide und macht noch immer Laune. Wer Freude an dem mal derben, mal feinsinnigen Humor hat und auf außerirdische Zerstörungsorgien steht, ist hier richtig. Zu viel solltet ihr aber auch nicht erwarten: Weder spielerisch noch technisch werden hier Maßstäbe gesetzt. Für etwas Spaß zwischendurch ist es aber auch nach 15 Jahren noch genau das richtige Game.
Game: Destroy All Humans!
Genre: Action
Release: 28.07.2020 (PS4)
Entwickler/Publisher: Black Forest Games, Pandemic Studios / THQ
USK: ab 16
Sprachausgabe/Texte: Deutsch/Deutsch
Webseite: https://www.thqnordic.com/games/destroy-all-humans-0
Wertung: 7 von 10