Call of Duty: Modern Warfare (Solo)

(Copyright: Activision)

Audio/Podcast zum Gamecheck:

Dass „Call of Duty 4: Modern Warfare” 2007 das mit Abstand beste Spiel der Shooter-Serie war, dürfte wohl niemand ernsthaft bezweifeln. Damit kehrte man damals endlich den ewigen WW2-Szenarien den Rücken und packte das Game in ein moderneres Umfeld. Zwei weitere „Modern Warfare“ -Teile folgten dann 2010 und 2012. In den letzten Jahren verfiel die Reihe aber in einen routinierten Trott ohne große Innovationen. Und als dann der letzte Teil, Black Ops 4, ganz ohne Solo-Kampagne einen auf das gerade angesagte Battle Royale machte und seine Fans obendrein noch mit mehr und mehr Mikro-Transaktionen verärgerte, war Schluss mit lustig. Wohl auch deshalb will Activision jetzt schleunigst wieder an alte Erfolge und Traditionen anknüpfen und sich mit der Call of Duty-Community versöhnen. Und womit ginge das besser als mit einem Reboot der Modern Warfare-Reihe? Der dann auch einfach nur „Call of Duty: Modern Warfare“ heißt, ganz ohne Zahlensalat. Dann schauen wir mal, ob das mit der Versöhnung auch geklappt hat und werfen einen Blick auf die Solo-Kampagne.

(Copyright: Activision)

Mehrschichtige Story Teil 1

Al-Qatala heißt die Terrororganisation, die hier zu Beginn des Games das Böse vom Dienst verkörpert (Ähnlichkeiten mit realen Terror-Organisationen ist eher nicht rein zufällig). Und denen jedes Mittel recht ist, um ihre Forderungen und Ziele durchzusetzen. Als ein amerikanisches Spezialteam den Russen eine Giftgaslieferung abnimmt, werden sie von der Al-Qatala überfallen. Wenig später dann gibt es einen Terrorangriff auf dem Picadilly Circus in London, wo schwer bewaffnete Selbstmordattentäter wahllos in die Menge schießen und Sprengsätze zünden. Die Polizei hatte sie zwar schon im Visier, greift aber zu spät ein.

(Copyright: Activision)

Intermezzo: Vier spielbare Figuren

Dort taucht dann auch eine der Figuren auf, die Ihr in der rund 6stündigen Kampagne übernehmt, den London Metropolitan Police-Officer Sergeant Kyle Garrick. Dazu kommt der charismatische SAS-Agent John Price, seit Jahren den Fans hinlänglich bekannt, auch wenn er jetzt mit dem britischen Schauspieler Barry Sloane neu besetzt wurde.

Ebenfalls spielbar ist der CIA-Operation Officer Alex alias Echo 3-1, der sich im knallharten Außeneinsatz mit den Feinden seines Landes anlegt und der später an  der Seite der vierten spielbaren Figur, Farah Karim, kämpft, der Anführerin (genau: eine Frau!) des Widerstandes im fiktionalen Land Urzikstan, irgendwo zwischen Nahost und Kaukasus gelegen.

(Copyright: Activision)

Mehrschichtige Story Teil 2

Besetzung? Richtig, Urzikstan wiederum steht unter der Knute des russischen General Barkov, der dort mit seinen Einheiten und brutaler Gewalt die Bevölkerung malträtiert. So kämpfen wir dann an gleich mehreren Fronten: Da ist zum einen die Al Qatala und ihr drohender Giftgas-Angriff mit ihrem Anführer genannt „Der Wolf“, auf der anderen Seite der Freiheitskampf der Urzikstanier gegen die russischen Besatzer. Und irgendwie hängt alles zusammen, da Farah Karim auch die Al Qatala bekämpft, da die dem Ansehen ihres Volkes schade. So wechseln wir immer wieder die Schauplätze: Straßenkampf in London, wir fliehen aus der von Al Qatala Anhängern besetzten US-Botschaft in Urzikstan oder aus einem Folterkeller, jagen Kriegsverbrecher durch St. Petersburg, es gibt Drohnen- und Snipereinsätze, retten Geiseln, kämpfen uns durch eine Waffenfabrik und vieles mehr.

(Copyright: Activision)

Gameplay und Schockmomente

Langweilig wird’s jedenfalls nie – auch wenn die ganz großen Michael Bay-Momente und die Riesenspektakel-Überraschungen dieses Mal fehlen, und das Geschehen gewohnt linear abläuft. Dabei geizt das Game aber auch nicht mit Schockmomenten – bzw. mit Momenten, die doch unter die Haut gehen. Und wo man im ersten Augenblick denkt: Nee, das musste nun echt nicht sein. Da töten Terroristen wahllos Zivilisten, liegen tote Kinder am Straßenrand, müssen wir als  Kind auf Soldaten schießen, werden Unschuldige auf den Straßen gehängt oder wird Farah Karim – also Ihr – per Waterboarding gefoltert.

(Copyright: Activision)

Eine Frage der Moral

Und ab und zu macht euch das Game auch zum Mittäter. Etwa wenn ihr die Mutter eines Kindes töten müsst, weil die euch mit einer Waffe bedroht oder Zivilisten opfern müssen– da lässt euch das Game gar keine andere Wahl. Wie sagt doch der Wolf in einer Szene: „Wir sind doch alle Mörder!“ Damit überschreitet Modern Warfare hin und wieder bewusst Grenzen, sorgt dafür, dass Ihr Euch schlecht fühlt. Und auch wenn Price versichert, dass es auch im Krieg Moral gebe, so straft Modern Warfare ihn hin und wieder Lügen. So fragt dann auch Kyle Garrick in einem seiner weniger farblosen Momente: „Und wo ziehen wir die Grenze?“

Nun ist Call of Duty Modern Warfare weit davon entfernt, ein Anti-Kriegsspiel zu sein – dafür wird viel zu oft, gern und heftig geballert. Aber es nimmt sich doch hin und wieder die Zeit, Motivationen zu erklären – etwa bei den Reisen in die Vergangenheit von Farah Karim – anzudeuten, warum jemand Terrorist wird und die Grenzen zwischen Gut und Böse zu hinterfragen. Auch wenn das nicht immer gelingt. Da werden die Russen zum Beispiel wieder mal als seelenlose Mörder dargestellt. Dass General Barkov auf eigene Faust handelt, wird erst gegen Ende wirklich klar. Und dass den Russen dann im Spielverlauf auch die Sache mit der „Straße des Todes“ angehängt wird – 1991 hatten in Wahrheit US-Truppen im zweiten Irakkrieg unter anderem  auch Zivilfahrzeuge auf einer sechsspurigen Autobahn bombardiert, die daher den Namen „Highway of Death“ bekam, klingt schon nach billigem Revanchismus.

(Copyright: Activision)

Wenig Neuerungen, aber schöne Tempowechsel

Spielerisch halten sich die Neuerungen in Grenzen. Wo es aber welche gibt, machen sie Sinn. So könnt Ihr euch zum Beispiel jetzt auch an Kanten aufstützen, was für mehr Präzision beim Zielen und für eine bessere Deckung sorgt. Außerdem trauen sich die Entwickler von Infinity Ward, auch mal Tempo rauszunehmen, statt auf bedingungslose Daueraction zu setzen. Dann schleichen wir als Arbeiter getarnt an Russen vorbei, müssen minutiös einen Sniperangriff vorbereiten oder führen Geiseln mit Hilfe von Überwachungskameras an den Angreifern vorbei. Das ist dann auch ohne Dauergeballer so richtig spannend, die Tempowechsel tun dem Spiel spürbar gut.

(Copyright: Activision)

Grafik und Sound: gut

Technisch hat das neue Call of Duty – auch dank der neuen Grafik-Engine gut zugelegt, vor allem auf den potenteren Konsolen. Detailgrad, Lichteffekte, Animationen – das alles kann sich sehen lassen, auch wenn Battlefield V da noch einen Ticken besser aussieht. Beim Sound dagegen hab ich persönlich Call of Duty ganz vorne: Hier klingen die Waffensounds einfach noch eine Spur wuchtiger, kommen die Effekte besser und überzeugt auch die durchweg gute deutsche Sprachausgabe.

 

Fazit

An das erste Modern Warfare kommt das Reboot nicht ganz heran. Was aber auch daran liegen mag, dass wir uns seit der 2007er-Ausgabe schon an vieles gewöhnt haben, was damals bombastisch neu war. Die Kampagne jedenfalls ist fast durchweg gelungen, lediglich hinter das unnötige  Überschreiten einiger roter Linien und die stellenweise Schwarzweiß-Malerei setze ich mal ein kleines Fragezeichen. Schade nur, dass die so kurz ausgefallen ist.

 

Game: Call of Duty: Modern Warfare (Solokampagne)

Genre: Shooter

Release: 25.10.2019 (PC, PS4, Xbox One)

Entwickler/Publisher: Infinity Ward / Activision

USK: ab 18

Sprachausgabe/Texte: Deutsch /Deutsch 

Webseite: https://www.callofduty.com/de/modernwarfare

 

Wertung: 9 von 10 (nur Solo-Kampagne)