Dreams

(Copyright: Media Molecule/Sony)

Audio/Podcast zum Gamecheck:

Mit Little Big Planet und seinen beiden Nachfolgern schuf das britische Entwicklerstudio Media Molecule ab 2008 ein ungewöhnliches Jump & Run, das besonders durch die schier endlosen Möglichkeiten begeisterte, aus diversen Bastelmaterialien eigene Gegenstände, Gebäude und ganze Szenarien und Level zu schaffen und diese mit anderen zu spielen und zu teilen. In eine ähnlich kreative Kerbe schlug dann  auch der Jump&Run-Adventure-Bastelmix Tearaway, der 2013 die technischen Möglichkeiten der Playstation Vita voll ausnutzte und ebenfalls im netten Papier-Pappe-Look daherkam.

Danach wurde es – abgesehen von einem Tearaway-Ableger für die PS4 – ruhig um Media Molecule. 2015 kündigte man zwar den neuen Titel „Dreams“ an, der mit großer Spannung erwartet wurde, doch dauerte es bis April letzten Jahres, bis die Early-Access-Phase startete, die bis Anfang Dezember lief. Und jetzt endlich ist auch die finale Version erschienen. Ist Dreams noch besser geworden als Little Big Planet oder Tearaway? Schaun wir mal.

(Copyright: Media Molecule/Sony)

Dreams – was ist das?

Waren die beiden Erstlingen von Media Molecule noch eher Spiele mit zusätzlichem Bastelfaktor in überschaubar festgelegtem Rahmen, so präsentiert sich Dreams als leistungsstarke, aber recht leicht zugängliche Entwicklerplattform, mit der Ihr so ziemlich alles realisieren könnt, was Euch auf dem Herzen liegt oder durch den Kopf geht.

Hier geht es nicht mehr nur um das Bauen von Leveln und Szenarien wie in Little Big Planet oder darum, Bestehendes zu erweitern wie in Tearaway. Nein, in Dreams seid Ihr nicht mehr festgelegt, sondern habt komplett freie Hand.  Ihr hattet schon immer ein Spielekonzept im Kopf, konntet es bisher aber nicht realisieren, weil Ihr keinen Plan von der Spiele-Entwicklung habt? Na dann los – Dreams macht es möglich. Adventure, Actiongames, Renn- oder Sportspiele – macht doch was Ihr wollt. Klar, die Ergebnisse lassen sich dann zwar am Ende nicht mit den millionenschweren Blockbustern vergleichen, sind dafür aber oft um Längen verrückter und oft überraschend gut, wie schon jetzt zahlreiche Dreams-Games – träume genannt –  aus der Community beweisen.

(Copyright: Media Molecule/Sony)

Surfen in unzähligen Möglichkeiten

Da gibt es detaillierten Nachbau eines Dead-Space-Levels, von South Park oder Donkey Kong 64, ein perfektes Minecraft-Imitat, ein Jump & Run namens Pilgrim im Super Mario 64 Style, Survival Horror mit dem Titel „Beyond Nightmare“, den Shooter Prometheus, ein Fußballspiel mit Rittern, KungFu-Spiele mit Gummifiguren, einen Freundschafts-Simulator, ganz viel Zelda, Larry Laffer, Sonic, Pokemon, Boxen auf Hochhausdächern, fliegende Alpaccas, ein Zirkus mit schwebenden Haien,  Batman in der Hölle, Back tot he Future, alte Amiga-Spiele und vieles vieles mehr.

Aber Spiele sind lange nicht alles, das ihr mit Dreams erschaffen könnt. Da finden sich zum Leben erweckte alte oder bunte neue Gemälde, schräge Animationsfilme, Skulpturen, fantasievolle Musikvideos und so weiter. Eurer Fantasie sind da tatsächlich keine Grenzen mehr gesetzt.

Der beste Weg, um sich mit den Möglichkeiten von Dreams vertraut zu machen, ist das Traumsurfen. Dank der langen Early Access-Phase sind die Traumspeicher von Dreams schon zum Release prall gefüllt. Die könnt Ihr nach dem Zufallsprinzip abgrasen, aber auch gezielt nach Stichwörtern suchen. Ihr wollt nur Sachen sehen, in denen Ziegen vorkommen? Kein Problem!

Ihr seht: Wer einfach nur spielen und passiv genießen will, wird genug Material finden, um bis an sein Lebensende beschäftigt zu sein. Wie gesagt: Man sollte da keine Triple-A-Produktionen erwarten, aber das Herumspringen zwischen den wundersamen Kreationen der Community kann schon zur Sucht werden.

(Copyright: Media Molecule/Sony)

Art’s Dream

Auch Media Molecule hat schon einiges an fertigen, spielbaren Inhalten beigesteuert. Allen voran den rund dreistündigen Jump&Run- Adventure Mix „Art’s Dream“. Es ist die Geschichte eines depressiven Jazz-Musikers, der sich mit seiner Band zerstritten hat, weil er mit sich selber nicht mehr im Reinen ist und zusehen muss, dass er da wieder raus kommt und die Sache mit der Band wieder kittet. Die Kurzgeschichte springt zwischen düsteren Abschnitten der Selbstreflexion und munteren Hüpfpassagen, zwischen Fantasy-Action, Sci-Fi und klassischem Film Noir, wobei es ihr gelingt, wie aus einem Guss zu erscheinen. Ein nettes kleines Game, vor allem aber eine beeindruckende Demo der Möglichkeiten von Dreams. Sogar kleinere Musical-Abschnitte wurden da eingebaut.

(Copyright: Media Molecule/Sony)

 

Werdet selber kreativ!        

Wer lieber selber aktiv an dem Traumpool mitarbeiten will und eigene Ideen beisteuern möchte, der findet in Dreams eine fast erschlagende Zahl von Tools -dagegen wirken Little Big Planet und Tearaway geradezu armselig. Da könnt Ihr eigene 3D-Modelle erstellen und animieren, einfärben und vertonen, könnt Objekte, geometrische Formen und Versatzstücke zu kompletten Szenarien zusammenbauen, lasst Wasser fließen, Türen sich öffnen, setzt Maschinen in Gang, arbeitet mit den Gesetzen der Physik, nehmt Sounds, Sprache oder Musik auf und dergleichen mehr.

Klingt kompliziert, und ist zu Beginn auch nicht so ganz einfach, aber mit Hilfe der Tutorials und Videos – von denen es gefühlt tonnenweise gibt – plus einer gehörigen Portion Geduld kommt man schnell zu ansehnlichen Ergebnissen. Man sollte aber schon einen Plan haben, wohin die Reise gehen soll; irgendwie irgendwas machen führt da eher selten zum Erfolg.

Ein guter Einstieg in die Traumbastelei ist da das „Remixen“, das Verändern der Kreationen der anderen Dreams-Spieler, denn alles jemals in Dreams gebaute darf auch von der Community genutzt werden. Gerade zu Beginn ist es da hilfreich, sich da erst einmal hemmungslos bei den einzelnen Spezialisten zu bedienen, statt stundenlang an eigenen Modellen herum zu frickeln.

(Copyright: Media Molecule/Sony)

Guter Editor

Und wie funktioniert das alles, so ganz ohne Maus und Tastatur? Antwort: Dank der sehr aufgeräumten und übersichtlichen Menüs erstaunlich gut. Und den Mauszeiger ersetzt euer „Wichtel“, ein knuffiger Avatar, der über die Bewegungssteuerung des DualShock 4-Controllers gelenkt wird. Ihr dürft aber auch eine USB-Tastatur einsetzen oder die Playstation Move Controller.

Und wenn ihr euch jetzt fragt: Benötige ich Vorkenntnisse? Nein, absolut zero. Dransetzen, geduldig sein und von der Community lernen, dann wird das schon.

(Copyright: Media Molecule/Sony)

Starke Community

Media Molecule hat eine Menge unternommen, um den Community-Gedanken zu stärken, denn ohne eine produktive Gemeinschaft ist Dreams nichts wert. Da gibt es Community Jams – Kreativwettbewerbe mit vorgegebenen Themen – Impy Awards für die Jahres-Besten der verschiedenen Kategorien und natürlich auch Bewertungen für die einzelnen Kreationen, die so in den Suchfunktion dann nach oben rutschen.

Community und Daumen Hoch-Bewertungen? Ja, Dreams hat tatsächlich ein wenig etwas von einer Social Media Plattform – nur dass die Postings dann halt etwas komplexer sind.

(Copyright: Media Molecule/Sony)

Fazit

Dreams steht – trotz längerer Early Access Phase – noch am Anfang. Man darf gespannt sein, ob die Community nun nach dem offiziellen Start auch langfristig gebunden werden kann. Wenn ja, steht Dreams – das es geschafft hat, die Spieleentwicklung, aber auch die Kunst aus der Experten-Nische zu holen – dann also steht Dreams eine große Zukunft bevor.

 

Game: Dreams

Genre: Alles + Editor

Release: 14.02.2020 (PS4)

Entwickler/Publisher: Media Molecule / Sony

USK: ab 12

Sprachausgabe/Texte: Deutsch /Deutsch 

Webseite: https://www.playstation.com/de-de/games/dreams-ps4/

http://dreams.mediamolecule.com/?locale=de_LU

 

Wertung: 9 von 10