Minecraft Dungeons

(Copyright: Mojang Studios)

Dass man mit Bauklötzen noch so einiges mehr veranstalten kann als sie einfach nur aufzustapeln und wieder umzuwerfen, hat das Spiel Minecraft ja inzwischen hinlänglich bewiesen. Vor 11 Jahren erstmals aufgetaucht, verkaufte Indie-Entwickler sein Baby 5 Jahre später für schlappe 2,5 Milliarden Dollar an Microsoft. Bis heute wurde es auf allen Plattformen mehr als 200 Millionen Mal verkauft.

Mit Ablegern aber hat man sich – anders als Klötzchenkonkurrent Lego – bisher zurückgehalten. Da war 2015 das Episoden Adventure „Minecraft: Story Mode“ von Telltale, dann ist da noch das mobile „Minecraft Earth“, das derzeit noch im Early Access vor sich hindämmert – und 2022 soll dann wohl auch ein Kinofilm kommen, der bereits seit 6 Jahren in Arbeit ist. Mit „Minecraft Dungeons“ ist nun noch ein weiterer Kandidat hinzugekommen, ein Action-Adventure, das angetreten ist, um Größen wie Diablo, Torchlight oder Titan Quest das Wasser abzugraben. Aber gelingt das auch? Oder haben sich die Herren der Klötze damit übernommen?

Audio/Podcast zum Gamecheck:

Podcast Minecraft Dungeons
Gameplay zu Minecraft Dungeons

Klassisches Spielprinzip mit 08/15 Story

Das Spielprinzip ist ganz klassischer Diablo-Style: Ihr rennt durch mal mehr, mal weniger zufällig generierte Gebiete, Dungeons und Gewölbe, prügelt auf alles ein, was nicht bei drei auf dem Baum ist, sammelt Loot, öffnet Schatztruhen und rüstet im Lager euren Helden aus. Da setzt man also auf Altbewährtes, und das ist gut so.

Eine ausgefeilte Story sollte man bei derartigen Hack & Slays dann auch nicht erwarten. Und richtig, auch Minecraft Dungeons liefert da Ware von der Stange. Euer Gegenspieler ist ein „Illager“ – das sind diese Kreaturen aus den Waldanwesen, die euch ständig mit einer Axt attackieren. Kein Wunder also, dass der hier keine Freunde finden kann. Hätte er sich mal eher überlegen sollen. Und was macht man dann in so einer Situation? Genau: Erst einmal planlos durch die Gegend ziehen. Nun ist Bewegung an der frischen Luft ja eigentlich gesund und hilft, Stress abzubauen. Bei unserem Illager kam aber etwas dazwischen: Er findet die „Kugel der Dominanz“.

(Copyright: Mojang Studios)

Wobei „Kugel“ in Minecraft ja nun schon echt witzig ist. Weshalb die Kugel der Dominanz hier auch ein Würfel der Dominanz ist. Warum der Würfel dann aber trotzdem Kugel heißt und nicht gleich „Quader der Dominanz“ oder „Würfel der Dominanz“, das wissen allein die Entwickler.

Um die Sache mal abzukürzen: Der Illager schnappt sich also die Dominanzquaderkugelwhatever, sammelt eine Armee von Untoten um sich, zieht munter plündernd durch das Land und nennt sich fortan Erz-Illager. Und lässt den Namen vermutlich sogar als Künstlernamen in seinen Perso eintragen. Da stellt sich natürlich die Frage (die gerade mehr denn je auch in den USA aktuell ist): Wer soll diesen Irren aufhalten? Und wer hätte das jetzt gedacht? Der Held bist du!

(Copyright: Mojang Studios)

Dünner Helden-Editor

Während nun die Auswahl des passenden Helden in anderen derartigen Spielen eine durchaus abendfüllende Veranstaltung sein kann – so mit Charakterklassen, Ausrüstung, Aussehen, Verteilung von XP und dergleichen mehr – beschränkt sich die Sache hier bei Minecraft Dungeons allein aufs Aussehen. Wobei es völlig wumpe ist, ob ihr mit einem minderjährigen Mädchen oder mit einem grauhaarigen Greis loszieht, die sind alle gleich stark.

(Copyright: Mojang Studios)

Dürrer Loot und Überraschungskisten

Auch sonst gibt sich Minecraft Dungeons im Vergleich zu den Genrekollegen äußerst spartanisch. Erledigte Gegner lassen zum Beispiel nur ganz selten Loot fallen – von denen gibt’s meist nur Seelen als Ladung für die Extrawaffen und hin und wieder grüne Edelsteine,  die Währung beim Händler. Keine Münzen, Waffen oder Rüstungsstapel, die sich auf dem Schlachtfeld anhäufen. Was bei Diablo ja immer einen Großteil des Spaßes ausgemacht hatte.

Apropos Händler: Bei dem können wir – wie auch beim Schmied – zwar Ausrüstung und Waffen kaufen, das aber auch nicht gezielt, sondern nur die Katze im Sack. Bzw. in der Truhe. Man weiß also vorher nie, ob man endlich mal die dringend benötigte hochgelevelte Geisterrüstung bekommt oder nur das zwanzigste Kirmesschwert. Meist ist es übrigens das Kirmesschwert. Den Charakter gezielt aufrüsten ist also irgendwas zwischen mühsam und unmöglich – eine blöde Designentscheidung.

Hinzu kommt, dass – wenn man mit mehreren im Koop spielt – man den Krempel noch nicht mal mit einem Kumpel tauschen kann, der funzt nur mit unserem Helden. Nicht benötigter Kram kann nur für kleines Geld wieder verkauft werden.

(Copyright: Mojang Studios)

Übersichtliche Bewaffnung

Die Bewaffnung selber ist recht simpel: Ihr habt eine Nahkampf- und eine Fernkampfwaffe, andere Kombinationen – etwa zwei Nahkampfwaffen oder gar Schilde – gibt es nicht. Die Waffen lassen sich, ebenso wie die Rüstung, mit Verzauberungspunkten in drei Stufen mit Bonuseffekten verbessern. Verkauft ihr dann eine gelevelte Waffe, gibt es die Verzauberungspunkte zurück – ein fairer Deal.

Dazu habt ihr drei Slots für Spezialfähigkeiten und Extras wie Amoklauf, Heiltrank, die Beschwörung eines für euch kämpfenden Lamas oder explodierende Pfeile. Die gibt es in unterschiedlichen Stärken, können aber nicht gelevelt werden. Es ist also Glückssache, was man da gerade bekommt.

(Copyright: Mojang Studios)

Taktik, Lagerpause, ein unfairer Endboss und Sackgassen

Das erlaubt aber immerhin ein wenig Taktik, indem man die Ausrüstung im Lager an die Erfordernisse der Level anpasst. Leider ist das Lager, das ihr zwischen den Leveln aufsucht, auch der einzig zuverlässige Ruhepunkt: Eine Pausenfunktion fehlt, so dass ihr dann gerne schon mal attackiert werdet, während ihr an eurem Helden rumbastelt.

Unfair ist auch – Achtung, Spoiler – der finale Bosskampf im letzten Level. Schon im Level davor geht der sonst dezent steigende Schwierigkeitsgrad am Ende heftig nach oben, weil uns das Spiel plötzlich eine fette Gegnerwelle nach der anderen entgegenschmeißt. Wer dabei seine drei Leben verballert – was schnell passieren kann, wenn man die Angriffsmuster nicht direkt durchschaut -darf den ganzen Level wieder von vorn beginnen. Was gegen Ende schon mal eine Dreiviertelstunde dauern kann. Das sind die Momente, wo man das Game in die Tonne treten möchte.

Und wenn ich gerade schon mal am Meckern bin (ok, zugegeben, ich tu ja seit Minuten nichts anderes): Wer ist auf die dämliche Idee gekommen, auf der Karte endlos lange  Sackgassen mit Millionen von Gegnern einzubauen, an deren Ende dann aber oft einfach nichts als Belohnung auf mich wartet? Das führt dazu, dass man irgendwann nur noch den direkten (eingeblendeten) Weg nimmt und alles andere links liegen lässt.

(Copyright: Mojang Studios)

Etwas Spaß muss sein

Gibt’s denn gar nichts, was Spaß macht an dem Spiel? Doch, so einiges. Die zehn bunten Level sind um Abwechslung bemüht, die Hochgeschwindigkeitsklopperei ist durchaus launig, der Minecraft-Klötzchen-Stil und die bekannten Kreaturen gefallen zumindest den Fans und im Vierer-Koop-Multiplayer potenziert sich der Spielspaß dann auch, da man sich dabei schön ergänzen und sich gegenseitig wiederbeleben kann.

Warum ich da nun aber nichts – also wirklich gar nichts – zerstören kann und vielleicht auch hier und da mal was aufbauen (und wenn es nur mal eine Brücke oder eine Schutzmauer ist) und so den Geist von Minecraft einbringen kann, bleibt schleierhaft. Ohne den Klötzchenlook und die bekannten Figuren hat das mit Minecraft wirklich nichts zu tun. Chance vertan.

(Copyright: Mojang Studios)

Fazit

Zufallskisten, fehlende Charakterklassen, wenig Minecraft, unfairer Endboss, blödes Speichersystem, Sackgassen ohne Belohnung plus kleinere Bugs – ja, es fällt schon nicht leicht, Minecraft Dungeons gern zu haben. Es ist solide, simpel gemacht und hat durchaus für kurze Zeit auch seine spaßigen Momente. Aber länger als eine Stunde setzt man sich da nicht dran, dann ist der kleine Hunger auch schon wieder gestillt.

Seine guten Momente hat Minecraft Dungeons beim Herumexperimentieren mit der Ausrüstung, beim Taktieren mit den unterschiedlichen Gegnern, beim Frustabbau durch wildes Dauerkloppen und natürlich im launigen Multiplayer. Für 20 Euro geht das am Ende schon ok. Mehr als einen soliden, stark vereinfachten, familienfreundlichen Dungeon Crawler im Minecraftkostüm solltet ihr aber nicht erwarten. Wer damit zufrieden ist, darf gerne zuschlagen.

Game: Minecraft Dungeons
Genre: Dungeon Crawler
Release: 26.05.2020 (PC, Xbox One)
Entwickler/Publisher: Mojang Studios / Xbox Game Studios
USK: ab 12
Sprachausgabe/Texte: Deutsch /Deutsch
Webseite: https://www.minecraft.net/de-de/about-dungeons/
Wertung: 6 von 10