Control

(Copyright: Remedy)

Audio/Podcast zum Gamecheck:

Der finnische Entwickler Remedy ist für zwei Sachen bekannt: Zum einen, dass er sich viel Zeit lässt mit seinen Projekten, zum anderen, dass er eine Vorliebe für ziemlich schräge Geschichten und Figuren hat. Wie zum Beispiel in Max Payne, Alan Wake oder Quantum Break – genau, das war das Game mit der kaputten Zeit. Drei Jahre nach Quantum Break folgt mit „Control“ das mit Spannung erwartete nächste Kapitel aus Finnland. Kann Remedy den hohen Standard der letzten Jahre halten? Und ist Control ähnlich verrückt wie seine Vorgänger? Antwort: Nein, ist es nicht. Es ist sogar noch skurriler.

(Copyright: Remedy)

Die Story

Heldin des Spiels ist Jesse Faden. Die war lange Jahre auf der Suche nach dem Hauptquartier des Federal Bureau of Control in New York, einer Art Amt für paranormale Ereignisse – und erreicht das Gebäude dann endlich zu Beginn des Spiels. Dabei hat sie auch ganz persönliche Gründe, mit der Kontroll-Behörde abzurechnen -aber ich will hier nicht zu viel verraten.

Dass Jesse so lange gebraucht hat, das Hauptquartier zu finden, liegt aber nun nicht daran, dass sie zu blöd war, mit Google Maps umzugehen. Nein, das Gebäude hat viel mehr die Angewohnheit, sich auf seltsame Weise unsichtbar zu machen. Ihr findet das schräg? Dann wartet mal ab.

Das Gebäude selber scheint verlassen. Bis Jesse auf einen alten Hausmeister trifft, der ihr erzählt, sie sei seine neue Assistentin und sie zum Einstellungsgespräch schickt. Jesse hat zwar keinen Plan, wovon der Alte da faselt. Aber sie macht sich trotzdem mal auf den von ihm beschriebenen Weg zum Vorstellungsgespräch. Man kann ja nie wissen, wofür es gut ist.

Unterwegs stößt sie auf die Leiche des Direktors Trench des FBC. Er tot auf dem Boden neben seinem Schreibtisch, neben ihm eine merkwürdige Waffe. Sieht nach Selbstmord aus. Das sollte jemand erfahren. Also klingelt Jesse an einer Tür auf den langen Fluren. Und erlebt über die Gegensprechanlage die nächste Überraschung: Man spricht sie als neue Direktorin des FBC an! Ja, vielleicht hätte sie die merkwürdige Waffe lieber nicht angefasst; die darauf folgenden Halluzinationen jedenfalls waren eine klare Warnung. Plötzlich ist auch ihr Gesicht in den Direktoren-Gemäldegalerien auf den Gängen zu sehen statt des verstorbenen Direktors – das ging ja schnell.

(Copyright: Remedy)

Fragen über Fragen und noch mehr Merkwürdigkeiten

Warum schweben Menschen unter der Decke? Warum tapern andere willenlos durch das Gebäude, um auf alles zu schießen, was nicht bei 3 auf dem Baum ist? Ursache ist, dass eine „feindselige Macht“, ein Alien-Virus, die Kontrolle über das Gebäude übernommen hat, Menschen tötet oder sie versklavt.

Ja, da hat Jesse wirklich nicht zu viel versprochen, als sie uns androhte, es werde noch schräger als sonst. Dazu passt dann auch die Mystery-Spielewelt: Da gibt es das verschachtelte, vielstöckige Hauptquartier, das sich immer wieder bizarr verformt und verwandelt, dazu eine übernatürliche Astralebene sowie das Oceanview Motel, eine ziemlich merkwürdige Traum-Zwischenwelt. Mit Hilfe von neuen Fähigkeiten und Schlüsselkarten erschließt ihr euch immer neue Bereiche des ältesten Hauses, das offiziell unter Quarantäne steht.

(Copyright: Remedy)

Und Action!

Die Action inszeniert Remedy gewohnt gekonnt. Ihr selber seid mit der speziellen Waffe des Direktors ausgerüstet, die ihr im Spielverlauf noch upgraden könnt. Außerdem bekommt ihr nach und nach übernatürliche Fähigkeiten. Damit könnt ihr zum Beispiel Objekte schweben lassen und dann auf die Gegner schleudern, könnt Gedanken kontrollieren, durch die Luft fliegen oder Gegner durch den Raum schmeißen.

Zusammen mit dem fetten Effekt-Gewitter sind die Kämpfe schon ein spaßige Angelegenheit; da merkt man, dass Remedy da einiges an Erfahrung mitbringt. Und da man auch keine Munition sammeln muss, bleibt das durchgehend hohe Tempo während der Action erhalten. Ein paar mehr unterschiedliche Gegnertypen hätten es dann aber trotzdem gerne sein dürfen.

(Copyright: Remedy)

Leichte Pacing-Probleme

Apropos Tempo: Mit dem richtigen Pacing hat Control so seine Probleme. Das liegt in erster Linie daran, dass es uns oft nur die notwendigsten Brocken als Erklärung zu den seltsamen Vorkommnissen hinschmeißt. Wer mehr wissen will, muss in den zahlreichen Audiologs, Texten und Videos mit realen Schauspielern stöbern – was uns aus dem Action-Flow reißt.

An anderer Stelle werden wir dann wieder mit ellenlangen Erklärungen überschüttet – die man irgendwann einfach nur noch wegklickt. Und dann aber wiederum keinen Plan hat, was das Ganze soll.

Dabei gibt es hier eine Menge interessanter Sachen zu entdecken. Objekte der Macht, Raumverschiebungen, sprechende Geister aus dem Jenseits oder auch nicht, oder ein Telefon als Standleitung in die Astralebene.

(Copyright: Remedy)

Ganz ordentliche Rätsel, gute Grafik und eine schwache deutsche Synchro

Die linearen Haupt- und die zahlreichen nichtlinearen Nebenmissionen sind gut und meist spannend gemacht. Da gibt’s Umgebungsrätsel, müssen – auch mit Hilfe eurer Telekinetischen Kräfte – Türen geöffnet, Gegenstände oder Zeichen richtig  angeordnet oder Codes geknackt werden. Ist alles nicht innovativ, aber schlüssig eingebaut und unterhaltsam. Ein klein wenig mehr Abwechslung wäre da aber trotzdem sicher noch drin gewesen.

Grafisch macht Control auf dem passenden PC einen guten, auf Konsolen immer noch einen ordentlichen Eindruck. Die tollen Lichteffekte und die sehr detaillierten Umgebungen lassen sogar die an sich etwas langweilige Büro-Umgebung gut aussehen, die filmische Inszenierung überzeugt. Allein die Mimik der Figuren wirkt etwas leblos; da merkt man halt, dass Remedy nicht über einen Riesenetat verfügte. Die deutsche Synchronisation hingegen fällt – abgesehen von der Hauptdarstellerin – meist durch einen sehr laienhaften, emotionslosen Ansatz auf und ist nicht mal ansatzweise lippensynchron. Wer es einigermaßen drauf hat, sollte da besser zur englischen Sprachausgabe greifen – zur Not halt mit Untertiteln.

Weitere Kritikpunkte: Die Rücksetzpunkte sind zum Teil frustrierend weit auseinander, es gibt nur einen Schwierigkeitsgrad und mit der KI ist es auch nicht so weit her.

(Copyright: Remedy)

Fazit

Die Action und das Kampfsystem sind wunderbar, die Mystery-Horror-Story gut, anspruchsvoll und ungewöhnlich – wenn man sich die Mühe macht, die Hintergründe zu verstehen, die halboffene Spielewelt mit ihrem verschachtelten Leveldesign mal was anderes. Es dauert eine Weile, bis man mit Control warm wird – diverse kleine Technik- und Designmacken machen es da nicht leicht. Wenn man aber erstmal drin ist, macht Control richtig Laune.

 

Game: Control

Genre: Mystery-Horror-Action-Adventure

Release: 27.08.2019 (PC, PS4, Xbox One)

Entwickler/Publisher: Remedy Entertainment

USK: ab 16

Sprachausgabe/Texte: Deutsch /Deutsch 

Webseite: https://www.remedygames.com/games/control/

 

Wertung: 8 von 10

 

2 Gedanken zu „Control

Kommentare sind geschlossen.