(Copyright: id Software)
Audio/Podcast zum Gamecheck:
Erinnert Ihr Euch noch an die Musik vom ersten Doom? Mir jedenfalls hat sie sich – seit ich Doom 1993 das erste Mal gespielt hatte – fest in die Gehörgänge eingebrannt. Mit der sauschnellen, kompromisslosen Action, der – für damalige Verhältnisse – Hammergrafik und der legendären BFG 9000 hatte id Software Videospielgeschichte geschrieben.
Nach Doom 2 und 3 folgte lange Jahre erst einmal nichts – und dann 2016 der fulminante Doom-Reboot, unter dem Motto „Klassik trifft Moderne“. Das Teil war schon der Hammer, hätte aber dann auch gern noch etwas mehr Abwechslung und Tiefgang mit auf den blutigen Weg bekommen können. Gelingt es Doom Eternal jetzt, die kleinen Schwächen seines Vorgängers auszumerzen und insgesamt noch einen draufzusetzen?
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Story? Bei Doom? Ja, tatsächlich!
Was haben Doom und ein Porno gemeinsam? Nun – weder hier noch da erwartet jemand ernsthaft so etwas wie eine Story. Wobei Doom 2016 dann tatsächlich mit so was wie einer Handlung kam: Wissenschaftler auf dem Mars zapfen eine Energiequelle in einer anderen Dimension an, die sich als die Hölle entpuppt, deren Kreaturen nach einigem satanischen Machenschaften die Station überrennen, die nur von dem legendären Krieger – also von Euch – wieder vertrieben werden können.
Für Doom-Verhältnisse war das damals schon geradezu eloquent. Doom Eternal knüpft nun eher lose an die 2016er Story an. Die Dämonen haben inzwischen weite Teile der Erde überrannt und diese in einen Trümmerhaufen verwandelt. Der allmächtige Slayer, in dessen Rüstung ihr wieder steckt, will sich das nicht gefallen lassen. Kompromisse und Verhandlungen sind eh nicht so sein Ding, er will die ganze Brut samt ihrer Anführerin, der gottgleichen Khan Mayker komplett vom Antlitz der Erde radieren.
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Es ist kompliziert…
„Reiße und zerfetze, bis es vollbracht ist“ – wird ihm da aufgetragen. Kommt Euch bekannt vor? Richtig – im 2016er Doom gab es den Spruch auch schon. Dialogzeilen-Recycling, nennt man das wohl. Na ja, wir müssen alle sparen. Anyway, was ich eigentlich sagen wollte: Ja, es gibt wieder eine Story. Nicht übermäßig originell und vor allem zu Beginn auch reichlich verwirrend, aber wenn man sich etwas Zeit nimmt, um die ganzen Codex-Einträge zu studieren, die man im Spielverlauf findet, wird einiges klar. Woher kommt dieser ominöse Slayer eigentlich, was hat es mit den Höllenpriestern und Himmelsdienern auf sich, was bedeuten diese merkwürdigen Prophezeiungen?
Wobei ich selber ja nun kein großer Freund davon bin, mir die Hintergrundgeschichte erst erarbeiten zu müssen, nur weil die Entwickler zu bequem waren, die im Game direkt unterzubringen. Vor allem bringt mich diese Info-Sammelei aus meinem Ballerflow bringt. „Moment, jetzt bitte mich gerade nicht angreifen, ich muss hier noch was lesen!“
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Ein wahrer Höllenritt!
Aber gut, man kann auch einfach durch die Level jagen, ohne sich groß um Gründe und Hintergründe zu kümmern. Wer jetzt nicht weiter am Warum seines Handelns interessiert ist, wird hier trotzdem seinen Spaß haben. Oder gerade deshalb.
Eine kleine Warnung vorweg: Vergesst alles, was Ihr bisher über Shooter wisst, denn Doom Eternal setzt da in jeder Beziehung neue Maßstäbe, es halt einfach mehr von allem. Doom Eternal ist blutiger (Stichwort: Glory Kills), wilder, aber auch anspruchsvoller als so ziemlich alles, was ihr bisher gespielt habt, das ist ein wahrer Höllenritt! Gibt’s zu Beginn nur ein paar kleinere Monster zum Aufwärmen, schlägt Euch das Game kurze Zeit später ganze Wellen von legendären Biestern um die Ohren. Fast im Sekundentakt tauchen alte Bekannte wie Cacodemon, Mancubus Marauder, Dread Knight, Titan oder Revenant auf, wobei das Angreiferfeld in jedem Abschnitt noch einen drauflegt.
Zu schwer für Dich? Dann musst Du noch etwas üben. Denn wer da einfach nur stumpf draufhält, wird schon kurze Zeit später ohne Munition da stehen und überrannt werden. Aber keine Panik: Jeder Gegner hat irgendwo eine Schwachstelle und kann geknackt werden. Die will nur erst einmal gefunden werden.
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Waffen? Reichlich!
Und dann müsst Ihr noch den perfekten Laufweg finden, immer in Bewegung bleiben und die jeweils richtige Waffe – oder besser: Die richtigen Waffen – einsetzen, denn der Mix machts. Und davon gibt es mal wieder reichlich. Mit dabei sind – neben den Shot- und Chainguns – natürlich auch wieder die fette BFG-9000 (die hier BFG 10.000 heißt), aber auch neue Waffen wie die Ballista, die kinetische Projektile verschießt, die vollautomatische Unmaykr und selbstverständlich auch die obligatorische Kettensäge.
Welche Waffe nun bei welchem der zahlreichen Gegner hilft und welcher der beiden alternativen Feuermodi, die jede Waffe besitzt (und die ihr erst nach und nach frei schaltet) – nun, das findet ihr mit der Zeit schon raus. Und da Munition immer knapp ist, sollte man sich schon damit beeilen. Und wie gesagt: Dabei immer in Bewegung bleiben. Was angesichts der neuen Moves wie dem Doppel-Dash sogar richtig Spaß macht, da entwickelt sich mit der Zeit eine richtiggehende Choreographie der Zerstörung.
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Abwechslungsreiche Locations
Spaß macht die Bewegung aber auch, weil es dauernd etwas neues zu sehen gibt. Mars und Hölle sind als Schauplätze hinlänglich bekannt, in Doom Eternal stoßt Ihr aber auch noch auf Locations wie die verfallene Wächterstadt, eine Raumstation oder eine Kultistenbasis. Highlight aber ist – neben der Ballersequenz auf einem fahrenden Zug – die kurzzeitige Kontrolle über den fliegenden Revenant-Dämonen – irre.
Ungewöhnlich ist auch, dass der Slayer in Eternal mit seiner Raumstation eine eigene Basis hat, wo ihr Extras freischaltet, Waffen ausprobiert oder einfach mal im Arbeitszimmer herumstöbert und dabei die Spielesammlung des Slayers unter die Lupe nehmt.
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Spielprinzip: Wie immer und gut
Es mangelt also nicht an Abwechslung, auch wenn das Spielprinzip selber natürlich unverändert ist: Ab durch die recht linearen Level, die durch mit Monstern gefüllte Arenen unterbrochen werden, dabei auf alles schießen, das sich bewegt und dabei Rüstungs- und Lebenspunkte sowie Munition erbeuten bzw. finden. Klingt simpel, ist es aber -wie schon erwähnt – beileibe nicht. Selbst auf der Schwierigkeitsstufe „normal“ kommt man da schnell an seine Grenzen.
Zum Glück könnt Ihr – wenn es mal zu schwer wird, und das wird es garantiert oft – jederzeit den Schwierigkeitsgrad kurz mal runtersetzen, ohne dass ihr dafür irgendwelche Sanktionen befürchten müsst. Oder ihr kümmert euch rechtzeitig darum, euren Helden mit Wächterkristallen und Runen aufzurüsten.
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Super Mario Slayer und die Master Level
In Eternal lauern die Gefahren aber auch an ganz anderer Stelle: Der Slayer kann nämlich nicht nur ballern, sondern sich auch an Stangen entlangschwingen oder an bestimmten Wänden emporklettern. Diese Art von Geschicklichkeitseinlagen sind neu für Doom – zwar nie unfair schwer, aber mitten in der Action dann doch etwas überraschend. Da hat man sich eben noch heldenhaft durch ein Meer von Monstern geballert, um dann nach einem Doppelsprung eine läppische Stange zu verpassen und aufs Maul zu fallen – peinlich.
Seid Ihr dann mit der Kampagne irgendwann durch, gibt’s ja immer die Master Level, an denen ihr euch versuchen dürft; das sind bereits absolvierte Level, die schwierigkeitstechnisch noch mal einen drauf setzen. Und dann gibt’s ja auch noch den Multiplayer: Zwei Spieler als Monster gegen einen Slayer. Was ich bisher aber noch nicht ausprobiert habe.
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Ein paar Haare in der Höllensuppe
Ist also alles perfekt im neuen Doom? Nein, nicht ganz – hier und da finden sich schon ein paar kleinere Haare in der Höllensuppe. Die neuen Marauder ist mit seinem fetten Schild und seinem Begleiter eine Spur zu übermächtig ausgefallen, da müssen die Entwickler noch mal ran ans Balancing. Und das mit den Story-Häppchen zum selber zusammensuchen hatte ich eingangs schon erwähnt. Und das Finale… nun gut, ich will da nichts vorwegnehmen, schaut es Euch selber an. Ist vermutlich Geschmackssache.
Technik die begeistert
Und technisch? Zwischen absolut solide und Wahnsinn. Die neue id Tech 7-Engine liefert Framerates am Anschlag und kurze Ladezeiten. Die Gegnerschar ist wunderbar animiert, die Level sehen fantastisch aus, die Waffeneffekte sind brachial, der Metal-Soundtrack lässt die Nachbarn mitfeiern. Oder auch nicht. Das hektische, schnelle Gameplay wird jedenfalls auch von der Technik nicht weiter ausgebremst.
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Fazit
Was für ein bombastischer Höllenritt, was für ein Brachial-Shooter der Edelklasse! Gegenüber dem ohnehin schon großartigen Vorgänger ist es id Software hier gelungen, überall noch eine Schippe draufzulegen. Performance, Level- und Gegnerdesign, Steuerung, Abwechslung – hier stimmt einfach (fast) alles. Die ungewohnten Klettereinlagen mögen Oldschool-Doomfans vielleicht überflüssig erscheinen; für mich jedenfalls sind sie eine Bereicherung. Der hohe Schwierigkeitsgrad lässt Euch nie verzweifeln, bleibt Doom Eternal dabei doch immer fair. Wer mit etwas Hektik klar kommt, findet hier seine Shooter-Offenbarung.
Game: Doom Eternal Genre: Ego Shooter Release: 20.03.2020 (PC, PS4, Xbox One) Entwickler/Publisher: id Software / Bethesda USK: ab 18 Sprachausgabe/Texte: Deutsch /Deutsch Webseite: https://bethesda.net/de/game/doom