Das 1993 erschienene Star Wars Rebel Assault von Lucas Arts war eines der ersten Games, das ausschließlich auf CD-ROM erschienen war. Die darin enthaltenen Realfilm- und Rendersequenzen waren damals sensationell. Sofern man sich das leisten konnte, kostete so ein Laufwerk doch gut 400 DM. Es war aber auch der Auftakt zu einer ganzen Reihe von richtig guten Star Wars Weltraumschlacht-Games, wie Star Wars X-Wing aus dem gleichen Jahr – das sogar unter der Bezeichnung „Raumkampf-Simulator“ lief, oder „Tie Fighter“, „X-Wing vs. Tie Fighter“ und – 1999 dann – „X-Wing Alliance“. Dann war aber Schluss mit den simulierten Fights im All; zwar wurde auch in der Folgezeit in den Star Wars Games kräftig geballert, aber immer nur als Beiwerk und das auch nur auf Arcade-Niveau. Mit Star Wars Squadrons erlebt das vergessene Genre aber seine Wiedergeburt, bekommt die X-Wing-Reihe einen geistigen Nachfolger. Aber schafft der es auch, in die verdammt großen Fußstapfen seiner Urahnen zu treten?
Audio/Podcast zum Gamecheck:
Spiel doch gegen dich selber!
Beginnen wir mit der Solo-Kampagne. Die spielt (nach einem kurzen Prolog zur Zeit des vierten Teils) nach dem sechsten Teil der Star Wars Saga, „Die Rückkehr der Jedi Ritter“, der ja ursprünglich mal der dritte Teil war, als Star Wars noch nur eine Trilogie war und bevor zwischen 1999 und 2005 dann drei weitere Teile gedreht wurden – die Prequel-Trilogie -, die vor den zuerst gedrehten drei Teilen spielten. Ja, klingt kompliziert, ist aber halt so.
Im Mittelpunkt der 14 Kapitel steht das Projekt Starhawk, eine Geheimoperation, mit der die gerade geborene Neue Republik den Krieg gegen das scheinbar übermächtige Imperium gewinnen will. Dabei kämpft ihr aber nicht nur auf der Seite der Rebellen, sondern schwingt euch auch hin und wieder in die Schiffe des Imperiums. So fliegt ihr mal für die Vanguard Squadron der Rebellen, um im nächsten Kapitel wieder am Steuerknüppel eines Tie Fighters die Rebellenschiffe unter Beschuss zu nehmen. Ihr spielt also eigentlich ständig gegen euch selber – das ist eine witzige Idee.
Die Inszenierung der Kampagne ist Star Warsmäßig bombastisch, mit großartigen Zwischensequenzen, komplett deutsch synchronisiert, mit spektakulären Explosionen, detaillierten Schiffen und Cockpits, den Original Filmsounds, Geräuschen und Soundtracks. Was alles noch mal so gut rüberkommt, wenn ihr das Game mit VR-Headset spielt. Unterstützt werden da auf dem PC Oculus Rift oder HTC Vive oder das VR-Headset der PS4.
Viel Abwechslung im All
Dabei fährt das Game einiges an Abwechslung auf. Mal geht’s gegen die Gefechtsstationen von Handelsposten, dann wieder habt ihr es mit gewaltigen Raumkreuzern zu tun, müsst Konvois beschützen, Raketen unschädlich machen, Agenten eskortieren und dergleichen mehr. Dabei geht’s aber nicht nur um die Action: In zahlreichen Gesprächen mit den NPCs erfahrt ihr mehr über die Hintergründe, deren Einstellung, über die aktuelle politische Lage – oder ihr macht einfach etwas Smalltalk. Das alles sorgt für mehr Verbundenheit mit den Staffelkameraden.
Anders als in anderen Star Wars Games trefft Ihr dabei zwar nicht auf die großen Stars der Reihe, aber dafür haben einige Nebencharaktere ihre Gastauftritte in Star Wars Squadrons, zum Beispiel die Rebellenpilot-Legende Wedge Antilles, die grünhäutige Hera Syndalla oder Admiralin Rae Sloane.
Abwechslung gibt’s auch bei den Schauplätzen. Squadrons spielt unter anderem auf dem Gasriesen Yavin Prime, der Nadiri Werft im Bormea Sektor am Rande des Ringali Nebels, auf dem abgelegenen Mond Galitan, den Planeten Sissubo und Esseles und im Zavianischen Abyss.
Da rast ihr durch Asteroidenfelder, durch die Schächte von Raumstationen oder beschießt euch in dichten Wolkendecken – langweilig wird das nie. Auch weil ihr bei den Schiffen einiges an Auswahl habt. Die Republik kommt mit T-65 X-Wing, BTL Y-Flügel-Bomber, RZ 1-A-Flügel-Abfangjäger und einem U-Flügler, das Imperium mit Tie/LN-Jäger, TIE/SA Bomber, TIE/IN Abfangjäger und TIE/RP Reaper. Die sich allesamt auf- und umrüsten lassen.
Gut gesteuert ist halb gewonnen
Die Steuerung der Schiffe ist bei alldem erstaunlich gut gelungen und auch durchaus anspruchsvoll. So müsst ihr zum Beispiel nicht nur fliegen und ballern, sondern auch klug die Energie immer dorthin verteilen, wo sie gerade benötigt wird – also etwa um Schilde zu stärken, Waffensystemen mehr Power zu geben oder um für einen kurzzeitigen Boost-Schub zu sorgen. Clever ist auch die Möglichkeit, Ziele nicht nur für sich selber, sondern auch für das ganze Team zu markieren; so lassen sich besonders nervige Gegner kurz und schmerzhaft ausradieren. Eine Simulation ist das jetzt zwar nicht, aber eine gewisse Tiefe kann man dem ganzen nicht absprechen. Der Fun-Faktor ist jedenfalls enorm, vor allem, wenn ihr spezielle Controller wie den Hotas T.Flight einsetzt.
Mehr Spieler, mehr Spaß?
Kommen wir zum Mehrspielermodus, der bislang wiederum in zwei Modi unterteilt ist. Im „Weltraumgefecht“ treten zwei 5er-Teams gegeneinander an, wer zuerst 30 Abschüsse hat, hat gewonnen. Klingt etwas lame, macht aber trotzdem Spaß – zumindest auf anspruchsvolleren Karten, die auch Versteckmöglichkeiten bieten wie etwa die schon erwähnte Nadiri-Weft. Sonderlich innovativ ist das aber nicht.
Ein ganzes Stück komplexer sind da schon die dreistufigen Flottenkämpfe, in denen es darum geht, die eigenen Großkampfschiffe zu verteidigen und gleichzeitig die gegnerischen zu vernichten. In Phase 1 kämpft ihr gegen die Jäger des Gegners, die entweder von Spielern oder NPCs gesteuert werden, anschließend nehmt ihr euch die größeren Pötte vor und am Ende dann den Sternenkreuzer bzw. den Sternenzerstörer. Dabei müsst ihr zusehen, eure Moralleiste durch Abschüsse zu füllen, um eine Phase weiter zu kommen.
Gerade die letzte Phase, also der Kampf gegen die Sternenschiffe, ist ziemlich tricky, da ihr hier gezielt die Schwachstellen wie das Schild- oder Energiesystem ausschalten müsst. Zur Belohnung bekommt ihr dann Schiffs-Upgrades und kosmetische Items, Loot-Boxen oder Mikrotransaktionen gibt’s keine – und das, obwohl das Game von EA kommt.
Und keine Panik: Auch wenn das jetzt alles ziemlich komplex und anspruchsvoll klingt, könnt ihr das erstmal ganz in Ruhe in Tutorials üben, um die verschiedenen Schiffstypen und die unterschiedlichen Gefechtssituationen einzustudieren. Übrigens ist im Multiplayer auch Crossplay möglich.
Fazit
Ja, die Kampagne glänzt nicht unbedingt mit einer großen Geschichte und dürfte auch gerne noch etwas länger sein, ist aber toll inszeniert und hat viel Star Wars-Feeling und Abwechslung zu bieten. Im Mehrspielermodus gefallen vor allem die Flottenkämpfe, auch wenn die KI da, aber auch in der Kampagne, zuweilen reichlich merkwürdig agiert und ich mir das Multiplayerpaket noch etwas dicker gewünscht hätte. Aber vielleicht kommt da ja noch was.
So würde ich Star Wars Squadrons dann auch nicht als direkten Nachfolger der X-Wing-Reihe bezeichnen, sondern eher als Mix aus X-Wing – auch wenn der Simulationsaspekt hier nicht ganz so ausgeprägt ist – und dem schön inszenierten Rogue Squadrons von 1999. Trotzdem: Endlich mal wieder ein Game, wo fette, anspruchsvolle Weltraumschlachten nicht schmückendes Beiwerk sind, sondern im Mittelpunkt stehen. Bitte mehr davon.
Game: Star Wars: Squadrons
Genre: Action
Release: 02.10.2020 (PC, PS4 (PSVR), Xbox One)
Entwickler/Publisher: Motive Studios / Electronic Arts
USK: ab 12
Sprachausgabe/Texte: Deutsch/Deutsch
Webseite: https://www.ea.com/de-de/games/starwars/squadrons
Wertung: 8 von 10