(Copyright Platinum Games)
Audio/Podcast des Gamechecks:
Erinnert Ihr Euch noch an Bayonetta? Oder an Bayonetta 2? Oder an Nier: Automata? Das sind alles Titel des japanischen Entwicklerstudios Platinum Games, das vor allem für seine kompromisslos überdrehten Action bekannt ist. Nachdem man nun zuletzt die beiden Bayonettas schon für die Switch konvertiert hatte und Teil 3 – wohl für 2020 – ebenfalls für Nintendos Hybridkonsole angekündigt ist, hat man augenscheinlich Gefallen an der Kiste gefunden – und veröffentlichte jetzt mit „Astral Chain“ sogar einen Switch-Exklusivtitel. Aber ist dieser Titel nun einfach nur ein Lückenfüller, um den ungeduldigen Bayonetta-Fans die Wartezeit etwas zu versüßen? Immerhin tauchte Astral Chain ja recht kurzfristig in den Releaselisten auf, da liegt der Verdacht ja nahe. Oder wartet hier eine Überraschung auf uns?
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Darum geht‘s
Mit Astral Chain lässt Platinum Games 80er und 90er Jahre wieder auferstehen: Viel Neon, Science Fiction Ambiente und Cell-Shading-Grafik sorgen für ein wohliges Retrofeeling. Die Story dahinter ist nun nicht gerade aufregend innovativ: In nicht allzu ferner Zukunft wird die Menschheit wieder mal von fremden Mächten bedroht, die die Welt durch Portale bzw. Wurmlöcher infiltrieren. Das Gemeine hat diese Chimären – wie sie von den Menschen genannt werden – ist, dass die nicht nur ziemlich aggressiv und gewalttätig sind und mit ihrem Rotstaub Menschen in mordlustige Monster verwandeln, nein, die können sich auch noch unsichtbar machen können.
Es sieht also nicht gut aus, aber die Menschheit war die letzten Jahre nicht faul und hat die ultimative Waffe entwickelt, um die Chimärenbrut zu bekämpfen: Die „Legionen“. Mit dieser Wunderwaffe lassen sich besonders kampfstarke Chimären erschaffen und an die astrale Kette legen. Die können dann wie ein Kampfhund auf die außerirdische Monsterbrut gehetzt werden. Was auch langsam Zeit wird, da die Chimären inzwischen fast die ganze Welt schon in eine rote Hölle verwandelt haben. Die wenigen überlebenden Menschen haben sich auf eine künstliche Insel, die „Arche“ zurückgezogen. Aber auch dieser letzte Zufluchtsort der Menschheit wird inzwischen von den Chimären attackiert. Na ok, denkt man sich, mit den neuen Legions sollte das ja kein Problem sein. Aber die Chimären, nicht blöd, haben ihrerseits die Legions-Fabrik mal eben lahm gelegt. Und bis die wieder die Wunderwaffe produzieren kann, dürfte es zu spät sein.
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Junge strahlende Helden, Emotionen und der „Human Touch“
Eine Legions-Waffe aber gibt es noch. Und die ist – was für eine Überraschung – in Eurem Besitz. Und was das dann heißt, ist klar: Ihr könnt die Legions für eine Schweinekohle auf dem Schwarzmarkt verhökern, um euch dann ein schönes Leben auf einer eigenen Karibikinsel zu machen. Nein, natürlich nicht. Ihr seid nämlich die letzte Bastion der Menschheit, der Retter und Beschützer von Witwen und Waisen, die einzige Hoffnung, die uns noch bleibt. Irgendwas davon, sucht euch was aus. Ja, die Japaner haben einfach ein Faible für Pathos. Und für junge, telegene Helden: Denn der letzte Verteidiger der freien Welt ist kein kampfgestählter Veteran, sondern ein junges Zwillingspärchen, die Howard Twins. Und damit auch der Human Touch nicht zu kurz kommt, sind die beiden natürlich nicht irgendwer, sondern die Kindern des Captains, der die beiden vor vielen Jahren adoptiert hat. Die perfekte Spielweise also für die typisch japanischen großen emotionalen Auftritte und familiären Konflikte und Umarmungen.
Überhaupt wird in Astral Chain – neben all der wilden Action, auf die ich gleich noch komme – schwer gemenschelt. Euer Hauptquartier – die örtliche Polizeiwache – ist ein stetiger Quell von Zank, Liebe und Eifersüchteleien. Und während draußen die Welt untergeht und die Menschheit ums Überleben kämpft, macht drinnen ein Mädchen im Hundekostüm als Maskottchen von was auch immer seine albernen kleinen Späße. Wie gesagt. Very japanisch, das Ganze.
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Aber jetzt: Action! Mit Chimären an der Kette und ohne.
Aber wie gesagt – Action gibt’s natürlich auch, und zwar reichlich. Für die Kämpfe habt ihr am Ende fünf verschiedene künstliche Chimären – darunter einen Bogenschützen und einen Säbelzahntiger – mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen zur Auswahl, die im Spielverlauf gelevelt werden können. Außerdem erbeutet ihr von euren Feinden Fähigkeitencodes, mit denen ihr eure künstlichen Chimären verbessert.
Aber auch ohne eure Legionen-Fighter seid ihr nicht ganz wehrlos. Da geht’s dann mit Schlagstock, Pistole oder Schwert, dem „Legatus“ zur Sache, und das nicht zu knapp, das Kampfsystem macht aber mal so richtig Laune. Da ist dann das richtige Timing extrem wichtig; nach anfänglichen Problemen bekommt ihr mit der Zeit aber ein Gefühl dafür, wie lange ihr eure Legion einsetzen könnt, ohne dass sie überhitzt – und wie groß ihre Reichweite ist. Dafür müsst ihr euch aber keine irren Tastenkombinationen wie bei Bayonetta merken.
Anders als Bayonetta setzt Astral Chain aber nicht auf hemmungslose Daueraction, sondern gibt euch auch durchaus in ruhigeren Momenten mal Zeit zum Verschnaufen. Da wird dann geredet, mitunter auch zu viel geredet, gemenschelt oder im Rahmen der Polizeiarbeit nach Hin- und Beweisen gesucht.
So findet ihr dann auch immer wieder Infos, die das Puzzle der doch sehr ambitionierten Story vervollständigen. Oder es zumindest versuchen. Denn mitunter bleiben schon einige Fragen offen, so ganz schlüssig ist das alles nicht. Aber ich gebe zu: Das ist Jammern auf recht hohem Niveau.
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Missionen, Schwierigkeitsgrade und ein lahmer Koop
Das Spiel ist in 11 Kapitel unterteilt, die Gesamtspieldauer liegt bei mindestens 20 Stunden. Neben den recht spannenden Hauptmissionen, bei denen nur einige Bosse etwas blass bleiben, warten auch zig – teilweise leider etwas uninspirierte – Nebenmissionen auf euch. Die reichen – wieder mal typisch japanisch – vom Finden von Fußbällen für Kinder oder der Rettung einer Katze bis hin zur Befreiung von NPCs aus der Astralebene – der Heimat der Chimären, die ihr ebenfalls aufsuchen könnt.
Die beiden anfangs angebotenen Schwierigkeitsgrade fordern selbst Anfänger nicht besonders. Die können sogar ihre Legions selbstständig kämpfen lassen und dabei zuschauen. Nur die Punktausbeute ist dann etwas geringer. Richtig schwer wird’s erst, wenn ihr das Game einmal durchgezockt habt – erst dann nämlich wird eine weiterer, heftigerer Schwierigkeitsgrad freigeschaltet. Keine besonders gute Design-Entscheidung.
Und wenn ich schon mal beim Rumnölen bin: Die Kamera ist manchmal zu lahm für die schnelle Action und verliert dann das Wesentliche aus den Augen und der optionale Koop-Modus – bei dem ein Spieler dann den Helden bzw. die Heldin und der andere den Legion an der Leine steuert – ist überflüssig, weil sich dabei beide nicht nur in den Kämpfen, sondern auch sonst die Steuerung mit den Joycons teilen müssen. Heißt: Einer steuert dann Held bzw. Heldin, der andere nur noch die Kamera. Was so lahm ist wie es klingt.
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Technik die begeistert
Technisch dagegen ist Astral Chain feinste Sahne und protzt mit flüssigen Animationen, fetten Effekten, kunterbunten detaillierten Neonwelten und düsteren Astralwelten, einem grandiosen Soundtrack und einer gelungenen Synchronisation sowohl auf Japanisch und auf Englisch – selbstverständlich mit deutschen Untertiteln. Einziges Haar in der Suppe: Der Held (jaja oder die Heldin) bleiben wieder mal stumm, was an Dramaturgie und Helden-Identifikation nagen. Aber na gut, es wird eh zu viel gequatscht auf dieser Welt.
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Fazit
Kampfsystem super, technische Umsetzung vom Feinsten, Story ambitioniert aber mit kleinen erzählerischen Löchern und Schwächen, gekonnte Tempowechsel und massig Upgrade-Möglichkeiten und Missionen: Das alles macht Astral Chain zu einem der besten Action-Adventure auf der Switch. Daran ändern dann auch der stumme Held, der vermurkste Koop und die zickige Kamera nichts.
Game: Astral Chain Genre: Action-Adventure Release: 30.08.2019 (Switch) Entwickler/Publisher: Platinum Games / Nintendo USK: ab 16 Sprachausgabe/Texte: Englisch, Japanisch /Deutsch Webseite: https://www.nintendo.de/Spiele/Nintendo-Switch/ASTRAL-CHAIN--1513766.html Wertung: 9 von 10
2 Gedanken zu „Astral Chain“
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