(Copyright: Daedalic Entertainment)
Audio/Podcast zum Gamecheck:
Acht lange Jahre waren Lilli, Edna und der Plüschhase Harvey erst einmal in der Versenkung verschwunden. Jetzt endlich gibt es auch die Konsolenversion von „Harveys neue Augen“, des wohl besten PC-Adventures von 2011, dem inoffiziellen Nachfolger des ebenso genialen wie verrückten „Edna bricht aus“ von 2008. Wurde auch wirklich Zeit.
(Copyright: Daedalic Entertainment)
Klosterschule, eine fiese Oberin und ein zu braves Mädchen
Edna aus dem Vorgänger taucht auch in „Harveys neue Augen“ wieder auf. Die Hauptrolle aber spielt die eher schüchterne Lilli, eine brave Klosterschülerin, die am liebsten möglichst unauffällig und unsichtbar für die anderen durch den Tag geht und es dabei recht machen will. Das mit dem unsichtbar würde ja auch klappen, wäre da nicht Oberin Ignatz, ein echter Kotzbrocken vor dem Herrn, die Lilli auf dem Kicker hat. Und das kennt man ja: Wer sich da nicht wehrt, wird schnell zum Opfer vom Dienst. Ihre Mitschüler hacken auf ihr herum und halten sie für lame und für Oberin Ignatz wird sie zur Dauerzielscheibe.
Einzig ihre Freundin Edna – genau, die verrückte Göre aus „Edna bricht aus“ hält zu ihr. Selbst der Erzähler – das ist übrigens der geniale Ex-Bond-Bösewicht Götz Otto – findet Lilli zu brav und würde viel lieber eine andere Geschichte erzählen, eine mit viel Gewalt, unterhaltsamen Explosionen und einem gigantischen Roboter-Opossum. Aber stattdessen Lilli.
(Copyright: Daedalic Entertainment)
Alles nur Fassade?
Aber ist Lilli wirklich so brav? Ihr Wunsch, es immer allen recht zu machen und ihre Tollpatschigkeit führen jedenfalls dazu, dass so manche ihrer Aktionen im totalen Chaos enden. Genauer: Ihre „kleinen Missgeschicke“ kosten ihren Mitschülern auch schon mal das Leben. Jedenfalls zieht sie die Katastrophen magisch an. Etwa, wenn sie mit Edna munter eine Fliegerbombe ausbuddeln, in der vermeintlichen Annahme, es sei eine Schatztruhe. Wie das wohl ausgeht? Wird nicht verraten. Ist ihre naive Ungeschicktheit am Ende nur eine Maske und Lilli in Wahrheit eine berechnende Psychopathin, die sich an ihrer Umwelt rächt? Lilli selber sagt dazu gar nichts. Wie sie überhaupt im gesamten Spiel interessanterweise nicht zu Wort kommt. Außer „ähm“, „hm“ oder „oh“ ist nichts von ihr zu hören. Entweder, weil sie zu schüchtern ist, oder weil sie von den anderen sofort unterbrochen wird.
(Copyright: Daedalic Entertainment)
Die Sache eskaliert
Die Sache eskaliert, als Oberin Ignatz sich einen Psychologen in die Klosterschule holt. Der soll ihr helfen, mit den Kindern fertig zu werden. Besagter Psychologe – und damit kommen wir zum Titel des Spiels – nutzt den Plüschhasen Harvey, um mit dessen umgebauten Augen die Kinder zu hypnotisieren. Nun ist Dr. Marcel – so der Name des Psychodocs – für uns und auch für Edna kein Unbekannter, hatte sie mit ihm doch schon in dem Vorgängerspiel zu tun, als sie aus dessen „Irrenanstalt“ (ja, nicht aufregen – so hieß die Anstalt in dem Spiel nun mal, alles gut) fliehen musste. Und taucht deswegen jetzt erstmal unter, um mit Lilli gemeinsam ihre Flucht aus der Klosterschule zu planen.
(Copyright: Daedalic Entertainment)
Klassisch und zeitlos gut
Harveys neue Augen ist ein klassisches Point & Click-Adventure – in dessen Switch-Version leider – wie auch schon in der Deponia-Umsetzung – auf eine Touchscreen-Steuerung verzichtet wurde – warum auch immer, hätte wirklich gut gepasst. Ansonsten aber ist das Game auch nach all den Jahren nicht gealtert, sondern einfach zeitlos gut. Die Lösungen der Rätsel sind stets nachvollziehbar. Neben den üblichen “Suche Objekte, kombiniere sie miteinander und setze sie an der richtigen Stelle wieder ein“- Aufgaben gibt’s da auch einige Logik-Rätsel, bei denen komplexe Verknüpfungen erdacht werden müssen sowie einige Minispielchen.
Dazu kommen angenehm kurze Laufwege, man wird nicht mit sinnlosen Hotspots erschlagen und dazu eine eingängige Steuerung – auch ohne Maus und Tastatur am Gamepad.
Und auch technisch überzeugt „Harveys neue Augen“ auch heute noch mit dem leicht surrealen, handgezeichneten Grafikstil und vor allem mit seinen skurril-witzig-bösen Dialogen und Sprüchen, bei denen einem öfter mal das Lachen im Halse stecken bleibt.
(Copyright: Daedalic Entertainment)
Fazit
Ja sicher, etwas länger hätte das Abenteuer schon gerne sein dürfen. Und an den Vorgänger „Edna bricht aus“ kommt „Harveys neue Augen“ auch nicht ganz heran. Aber das macht nichts: Dieser völlig abgedrehte Adventure-Trip bietet auch heute noch allerfeinste, intelligente Unterhaltung.
Game: Harveys neue Augen Genre: Adventure Release: 15.08.2019 (Switch, PS4, Xbox One – PC (2011) – iOS (2018)) Entwickler/Publisher: Daedalic USK: ab 12 Sprachausgabe/Texte: Deutsch /Deutsch Wertung: 9 von 10
2 Gedanken zu „Harveys neue Augen“
Kommentare sind geschlossen.